Rechtliche Rahmenbedingungen bei Versicherungsverträgen
Das Angebot an verschiedenen Versicherungen war sicherlich niemals so groß wie heute. Zahlreiche Alltagsrisiken und auch ausgefallene Situationen lassen sich heute durch entsprechende Policen absichern. Doch was bedeutet das eigentlich im rechtlichen Sinne? Welche Rechte und Pflichten leiten sich daraus für Versicherte ab? Wie lässt sich eine Versicherung kündigen und worauf ist dabei zu achten? In diesem Artikel wird näher auf die Thematik der juristischen Rahmenbedingungen bei Versicherungsverträgen eingegangen.
Inhaltsübersicht
Der Versicherungsvertrag – eine besondere rechtliche Bindung
Im deutschen Recht existiert eine ganze verschiedener Vertragsmodelle, von denen der Kaufvertrag und der Dienstleistungsvertrag sicherlich die bekanntesten Vertreter sein dürften. Der Versicherungsvertrag nimmt dabei eine Sonderstellung ein und ist nicht im BGB, sondern in einem eigenen Gesetz geregelt. Das Versicherungsvertragsgesetz beschreibt dabei die Rechte und Pflichten beider Vertragsparteien. Doch welche Aspekte sind besonders zu beachten?
1. Länge der Versicherungsverträge
In §11 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) werden beispielsweise allgemeine Regelungen zur ordentlichen Kündigungsmöglichkeit von Versicherungsverträgen aufgestellt. Diese gelten jeweils dann, wenn es in den speziellen Abschnitten zu den einzelnen Versicherungen keine Sonderreglungen gibt. Folgende Regelungen sind für Verbraucher besonders interessant:
- Verträge mit begrenzter Laufzeit: Während einige Versicherungen dauerhaft bis zur Kündigung laufen, gibt es auch Versicherungsverträge mit jeweils begrenzter Laufzeit. Versicherer vereinbaren auch in diesen Fällen gerne eine automatische Verlängerung der Laufzeit, wenn der Versicherte nicht rechtzeitig kündigt. Dies ist zwar möglich, jedoch begrenzt sich die Verlängerung auf maximal ein Jahr. (§11 Abs. 1 VVG)
- Verträge mit unbestimmter Laufzeit: Bei Verträgen mit unbestimmter Laufzeit können Kündigungen immer nur zum Schluss der jeweils laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden. Auf das Kündigungsrecht lässt sich bis zu zwei Jahre lang verzichten. (§11 Abs. 2 VVG)
- Verträge mit langen Laufzeiten: Beträgt die Laufzeit eines Versicherungsvertrags mehr als drei Jahre, kann der Versicherungsnehmer ab dem Ende des dritten Jahres jeweils jährlich mit einer Frist von drei Monaten kündigen. (§11 Abs. 3 VVG)
Zudem legt das Gesetz für die Kündigungsfristen einen bestimmten Zeitraum fest, denn diese müssen innerhalb einer Spanne von 1-3 Monaten liegen.
2. Informationspflichten des Versicherers (oder Vermittlers)
Bevor es zum Abschluss einer Versicherung kommt, muss der Versicherer den potenziellen Versicherten bereits umfassend über die Leistungen sowie Pflichten und Rechte informieren. Dazu gehören in vielen Fällen:
- Übermittlung der Versicherungsbedingungen bei Antragsstellung
- Übermittlung eines Produktinformationsblatts
Bei Abschluss einer Kapitallebensversicherung ist es sogar erforderlich, vorher Modellrechnungen über mögliche Ablaufleistungen zu präsentieren. Dies soll die Vergleichbarkeit verschiedener Angebote ermöglichen.
Hinweis: Wer seine Versicherung über einen Vermittler abschließt, hat ein Recht auf eine umfassende Beratung und die Dokumentation dieser Beratung. Sollte diese unterbleiben, hat der Versicherte nach §63 VVG einen Schadenersatzanspruch. Es besteht allerdings die Möglichkeit, auf diese Beratung freiwillig zu verzichten, was jedoch einen späteren Schadenersatzanspruch deutlich schwieriger gestaltet.
3. Regelungen zur Zahlung von Beiträgen
Auch wenn es auf den ersten Blick profan erscheint, ist die Pflicht zur Zahlung der regelmäßigen Beiträge gerade im Versicherungsbereich von großer Bedeutung. Diese können nämlich erheblichen Einfluss auf den Status einer Versicherung haben. Vor allem die folgenden Regelungen dürften sehr interessant sein:
- Erstbeitrag: Wird die erste Prämie eines neuen Versicherungsvertrags nicht innerhalb der ersten 14 Tage nach Versicherungsbeginn gezahlt, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten. Neben dem Rücktrittsrecht tritt zudem die Leistungsfreiheit des Versicherers ein, sofern er den Versicherten über diese Rechtsfolge schriftlich informiert hat. Dies gilt zwar nur, wenn der Versicherte dieses Versäumnis zu vertreten hat, kann aber bei einem Versicherungsfall wirklich problematisch sein.
- Folgeprämien: Bei Nichtzahlungen von Folgeprämien müssen Versicherungen dem Versicherten eine Zahlungsfrist von mindestens 14 Tagen einräumen und ihn auf die Rechtsfolgen eines weiteren Verzugs hinweisen. Bei einem Versicherungsfall während eines Zahlungsverzugs ist der Versicherer nämlich nicht zur Leistung verpflichtet. Außerdem begründet ein Zahlungsverzug nach Fristablauf die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung seitens des Versicherers mit einer Frist von einem Monat.
Auch in Bezug auf die Prämienhöhe gibt es einige interessante rechtliche Regelungen:
- Kündigungsoption: Sollte der Versicherer die Prämie für eine Police erhöhen, ohne gleichzeitig den Leistungsumfang zu verbessern, steht dem Versicherten ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Die Frist dafür liegt bei einem Monat ab dem Datum des Zugangs der Mitteilung über die Beitragssteigerung.
- Herabsetzungen: In §41 VVG wird sogar auf Herabsetzungen der Prämie eingegangen. Eine Herabsetzung ist durchzuführen, wenn vorher eine erhöhte Prämie aufgrund einer besonders hohen Gefahr angesetzt wurde und der Grund für die Gefahr nun entfallen ist.
Natürlich sind in Bezug auf die Prämien auch Rabatte sehr interessant, die bei geringerem Risiko oder langer Schadensfreiheit gezahlt werden. Solche Schadenfreiheitsrabatte sind vor allem bei Kfz-Versicherungen verbreitet. Je länger unfallfrei gefahren wird, umso günstiger wird die Versicherung. Bei der Absicherung des eigenen Fahrzeugs gibt es noch mehrere Optionen die Höhe der Prämien zu beeinflussen. Je nach individuellem Bedarf kann eine Kfz-Haftpflichtversicherung ausreichend sein. Mehr Schutz und umfangreichere Leistungen bieten Teilkasko- oder Vollkaskoversicherungen.
Tipp: Schadenfreiheitsrabatte lassen sich auf Verwandte übertragen. Dies ist vor allem dann interessant, wenn der Nachwuchs ein eigenes Auto fahren möchte und bisher mit dem Familienauto unterwegs war.
4. Regelungen zu besonderen Pflichten des Versicherten
Auch Versicherte haben Pflichten aus einem Versicherungsvertrag, die über die Zahlung der Prämie hinausgehen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Anzeigepflicht: Der Versicherte muss im Vorfeld alle besonderen Gefahrenumstände mitteilen, die der Versicherer in Textform abfragt. Dies dient der Risikoeinschätzung und ist wichtig für die Kalkulation der Prämie. Eine Verletzung dieser Anzeigepflicht kann unter Umständen zu einem Rücktritt des Versicherers vom Vertrag führen. Auch bei arglistigen Täuschungen kann der Versicherer den Versicherungsvertrag anfechten.
- Obliegenheiten: Obliegenheiten sind zum Beispiel Verpflichtungen des Versicherten, das Versicherungsrisiko nicht zu erhöhen (z.B. Fahren unter Alkoholeinfluss). Auch wenn der Versicherer diese Pflichten nicht einklagen kann, führen vorsätzliche oder auch grob fahrlässige Verletzungen dieser Pflichten mitunter zum Leistungsausschluss. Im Fall der Kfz-Haftpflichtversicherung als Pflichtversicherung besteht für den Versicherer zumindest die Möglichkeit, sich in diesen Fällen über den Regress bis zu 5.000 Euro vom Versicherten zurückzuholen.
In §81 VVG wird zudem eindeutig erklärt, dass eine absichtliche Herbeiführung eines Versicherungsfalls dafür sorgt, dass der Versicherer nicht zur Leistung verpflichtet ist. Im Falle grober Fahrlässigkeit darf der Versicherer seine Leistung im Verhältnis zur Schwere der Schuld entsprechend kürzen.
Worauf sollten Interessenten bei Versicherungen generell achten?
Wie bereits beschrieben, ist das Feld der Versicherungen auch aus rechtlicher Sicht nicht leicht zu überblicken. Doch worauf sollten Interessenten bei der Wahl einer Versicherung generell achten?
Aspekt | Erklärung | Beispiele |
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Leistungsausschlüsse | Wenn eine Versicherung das Risiko für bestimmte Teilbereiche zu hoch einschätzt, kommt es mitunter vor, dass der Versicherungsschutz von diesen Bereichen ausgenommen wird. |
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Risikozuschläge | Sind die Versicherungsrisiken höher aber kalkulierbar, besteht die Versicherung auf einer höheren Prämie, wenn höhere Risiken abgesichert werden sollen. |
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Grobe Fahrlässigkeit | Einige Versicherer verzichten auf den Leistungsausschluss der groben Fahrlässigkeit und zahlen auch dann voll. |
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Ausreichende Deckung | Gerade Schadensversicherung leisten für entstandene Schäden nur bis zu einer vorher festgelegten Summe. Schäden oberhalb dieser Deckungssumme muss der Versicherte selbst tragen. |
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Unterdeckung | Eine Unterdeckung einer Gesamtheit von versicherten Dingen kann auch bei kleineren Schäden einen prozentualen Abschlag von der Leistung bedeuten. |
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Dies sind nur einige Beispiele, die auch im rechtlichen Sinne bei der Wahl einer Versicherung beachtet werden sollten. Diese Liste ließe sich noch deutlich weiter fortführen, da fast jede Versicherungsart Besonderheiten aufweist. Dies unterstreicht noch einmal, wie wichtig ein sorgfältiger Check der jeweiligen Leistungen und Leistungsausschlüsse ist.
Fazit: MonsterDealz meint…
Auch wenn sich fast jede Alltagssituation auch juristisch betrachten lässt, stellen die Versicherungen diesbezüglich einen besonderen Fall dar. Es gibt für Privatpersonen, als potenzielle Versicherte, eine Menge zu beachten und Versicherungsverträge sind keinesfalls einfach zu lesen. Mit sorgfältiger Planung und einem genauen Check der jeweiligen Bedingungen lassen sich juristische Stolperfallen allerdings sehr gut vermeiden. Wer seine Rechte kennt, kann diese auch deutlich geschickter einsetzen und sich vor unberechtigten Forderungen der Gegenseite schützen und Leistungen, die laut Vertrag zustehen, einfordern.
Habt du noch wertvolle Tipps für den Versicherungsabschluss und den damit einhergehenden Rechten? Schreib sie gerne in die Kommentare!
Hellas
Hellas
Hellas 09.02.2019, 08:58 #danke für den interessanten Artikel.